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Das sagen DJs und Veranstalter zum Basler Bass-Verbot

Basel führt das Bass-Verbot ein! Was sagt das Nachtleben dazu?

Liebe Musikwelt, liebes Nachtleben, heute gab es eine Erschütterung der Macht: Die Stadt Basel reguliert jetzt den Bass und zwar grausam. In Basel hat es das Nachtleben sonst schon nicht leicht, bald schliessen Hinterhof, Nordstern, die Garage und die Lady Bar. Das sind viele Locations auf einen Schlag und zwar sind neue Projekte in der Pipeline, zwar haben sich Tausende auf Facebook zu einem lebendigen Basel bekannt, zwar gibt es verrauchte, halblegale Orte, in denen man morgens um 5:00 Uhr landet und zwar gibt es wieder illegale Partys in der Langen Erle wie letzten Samstag. Aber Clubs, richtige Clubs, die aus der Halbwelt hervortreten können, sind momentan rar. Und die legalen Clubs werden es noch schwieriger haben, wenn jetzt Bassfrequenzen so reguliert werden, dass man den Bass praktisch nicht hört. Musik von Electro bis Hiphop wird so de facto verboten.

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Die Formel hinter dem „Bass-Verbot“ (Das Komitee Kulturstadt Jetzt! spricht von einem Verbot von elektronischer Musik) lautet: Dbc minus Dba = 14. Der Tontechniker Jukka Altermatt hat uns das in „verständlich“ erklärt: „Der Dba-Wert ist der eigentliche Standardwert, der etwa bei den Hörschutzmassnahmen hinzugezogen wird. Die Maximalgrenze ist bekanntlich auf einen Schnitt von 100 Dezibel pro Stunde angesetzt. Der DBc ist eine andere Bewertung, die den Bass linear wertet, obwohl wir diese Frequenzen nicht so gut hören. Also bedeutet dieses neue Gesetz Musik ohne Bass und das ist Humbug. Das ist wie, wenn man einen Bänker zwingen würde, im Pyjama zu arbeiten.“

Foto von Michael Hochreutener, zur Verfügung gestellt vom Hinterhof

Ich habe mich umgehört, in Basel, in Zürich, in Szenen, in Nicht-Szenen, bei Ganz-Jungen und Nicht-Mehr-Ganz-Jungen. Alle sind schockiert. Alle haben sich aber auch schon Gedanken dazu gemacht:

Karim Baghani, City Productions: Alle Festivals und Clubs werden mit diesen Auflagen grosse Probleme haben, noch internationale Acts zu buchen. Und damit wird die Musikkultur einfach massiv eingeschränkt.

Nutters: Andere Länder haben gar kein Dezibel-Limit und bei uns werden eh immer Gratis-Oropax abgegeben. Bevormundung ist immer nervig, manchmal nötig, geht hier aber zu weit. Wenn dein Sound überschlägt machst du als DJ eh was falsch. Und es macht ja auch einen Mega-Unterschied, ob man Outdoor, in Kellern oder gut isolierten Clubs spielt. Man kann nicht einfach alles gleichsetzen.

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SideJoe: Die Auflagen sind absurd und undurchsichtig. Allerdings würde ich mir wünschen, dass diese Debatte auch zum Ausgangspunkt einer kritischen Selbstreflektion wird. Welche Rolle spielen Klubs in der städtischen Entwicklungspolitik? Wie tragen diese selbst dazu bei, Quartiere aufzuwerten und Subkulturen, die sich nicht dem Konsumzwang beugen wollen, zu verdrängen? Subkultur ist nicht gleich Subkultur: Ist sie nur Ausdruck eines selbstgefälligen Hedonismus, verdient sie keine Unterstützung.

Tony Smash FX: Leise Musik funktioniert einfach nicht in dieser Kultur!

DJ Bazooka: Der Bass ist, was man fühlt. Wenn er verboten wird, ist das eine Katastrophe.

Go Ape: Es ist ein Joke, aber die Basler Regierung kann das probieren—es wird nicht funktionieren. Es wird einfach mehr illegale Partys geben, weniger in Clubs, aber es wird deswegen nicht weniger gefeiert.

Philippe Hersberger, Hinterhof: Wir werden das mit unserem Soundengineer aus Wien von Pro Performance prüfen, um seitens spezialisierter Fachkraft zu erfahren, was das für mögliche zukünftige Projekte von uns bedeutet und was für zusätzliche Einschränkungen dadurch aufkommen könnten. We'll see… So oder so, bis anhin war es schon kein Leichtes, dass es nun noch zusätzlich erschwert werden könnte, macht die Situation sicherlich nicht besser—im Gegenteil.

Foto zur Verfügung gestellt vom Nordstern

Rollo Tomasi: Das ist absolut realitätsfremd. Allgemeinlösungen für Einzelfälle sind absolut zu vermeiden.

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Disco D: Wir haben im Vergleich zu England, Holland oder Belgien jetzt schon klar schärfere Gesetze, was die Lautstärke an Open Airs und Clubs betrifft. Wenn hier eine weitere Verschärfung vorgenommen wird, wäre das mit Bestimmtheit das Aus für grössere Events für 2.000-15.000 Leute—weil sie einfach nicht mehr konkurrenzfähig wären im Vergleich zu Events im Ausland. Aber auch kleine Clubs würden unter den neuen Bestimmungen leiden. Der Bass zwischen 20hz und 100hz ist die Basis für jede elektronische Tanzveranstaltung. Wenn beim Bass die Lautstärke reduziert wird, dann wir dem Sound die Grundlage geraubt.

Pawel Danzig: Sowas habe ich noch nirgendwo gehört, war aber klar, dass in Basel nach dem Vermieterpech jetzt auch noch Behördenbullshit dazukommt. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass sich das ohne massive Gegenwehr der Basler durchsetzen lässt. Dafür ist der Vorschlag zu abstrus und weltfremd.

Manuel Fischer: Ich bin ja kein Basler und es ist auch gut, dass es Regeln gibt: Mehr als 105 Dezibel gibt nur Ohrenweh, aber dieser Entscheid zeigt die unliberale Haltung der Regierung gegenüber den Jungen. Techno ist die Musik der Jugend und Basel hat sich zu einem wichtigen Punkt auf der weltweiten Technokarte gemausert. Das alles ist jetzt gefährdet.

Simon Wunderlin: Für mich als Künstler wird Basel immer fremder. Falls das Verbot eintrifft, wäre das für mich ein Grund wegzuziehen.

Benj auf Twitter: @biofrontsau

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