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Ein offener Brief an Conchita Wurst: Bitte gründen Sie eine Blackmetal-Band!

Als Transgender-Künstlerin an der Front einer Blackmetal-Band würden Sie noch nie zuvor angegriffene Barrieren einreissen und für einen neuen Diskurs sorgen.

Grafik: VICE Media

Sehr geehrte Frau Wurst,

ich bin ein großer Bewunderer Ihrer Selbstdarstellung. Ihre Musik ist nicht ganz mein Geschmack, jedoch bewundere ich sehr, wie Sie Geschlechtergrenzen aufbrechen, Erwartungshaltungen (im positivsten Sinne) kunstvoll enttäuschen und immer wieder für Diskussionen bei LGBT-Themen sorgen, die in unserer Gesellschaft leider noch nicht bis in die Mitte vorgedrungen sind. Ihre Songs wie "You Are Unstoppable" und "Heroes" haben zwar eine gute Message, sind jedoch musikalisch eher dem leicht verdaulichen Feelgood Pop-Gewand zuzuordnen. Die Songs werden eher als (legitimes) Vehikel für die Promotion der Persona Wurst, denn als künstlerische Erweiterung der Kontroverse wahrgenommen. Deshalb habe ich einen radikalen Vorschlag: Bitte gründen Sie eine Blackmetal-Band.

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Blackmetal wäre das perfekte Vehikel, um die Message noch prägnanter zu formulieren. Es würde sowohl einen Diskurs in Musikerschichten forcieren, die durch ihre jetzige Kunst nicht erreicht werden—Metaller mögen einfach keinen Pop—, als auch die Provokation auf eine neue Stufe heben. Die Extremmetal-Szene ist leider an vielen Stellen immer noch konservativ—gleichzeitig ist die reguläre Gesellschaft nicht mehr so einfach zu schockieren. Es würde sich daher anbieten, diese zwei Welten zusammmenzubringen. Eine Frau mit Bart, übersät von spitzen, langen Nieten, die eine der letzten Männerdomänen dieser Welt einreißt. Die Welt braucht das!

Als NonBinary-Künstlerin an der Front einer Blackmetal-Band würden Sie noch nie zuvor aufgegriffene Barrieren einreißen und für einen neuen Diskurs sorgen. Es wäre der absolute Affront in alle Richtungen. Ein Affront, nach dem sich Menschen sehnen. Es würde ein für alle mal mit einer der letzten "wer darf was"-Annahmen brechen. Es finden sich sicher gleichgesinnte Musiker, denen die Nachricht von Offenheit und Akzeptanz am Herzen liegt und Sie mit den nötigen harschen Gitarren und schnellen Beats unterstützen würden. Daher bitte ich Sie, Frau Wurst, revolutionieren Sie nach dem Songcontest einen weiteren Teil der Musiklandschaft in Österreich. Stellen Sie sich der nächsten Herausforderung. Entzünden Sie das Feuer Ihrer selbst erneut aus der Asche. Nachdem auch Blackmetal-Bands unter dem Vorwurf des Satanismus und der Unchristlichkeit in Russland schon mundtot gemacht wurden.

Ich bitte Sie darum, weiterhin konservative Weltansichten herauszufordern und ich bitte Sie darum, weiterhin die Veränderung zu verkörpern, die Europa und die Welt braucht. Lauter, schneller, unhörbarer Metal wäre dafür das perfekte Werkzeug. Die meisten Menschen haben in ihrem Leben zumindest einmal Iron Maiden gehört, oder sogar Metallica. Rock In Vienna ist den meisten ein Begriff. Black Metal ist dagegen noch eine Untergrundkultur geblieben, die es immer noch vermag, zu schockieren, zu provozieren und aktiv und willentlich kein Teil der gängigen Kultur zu sein. Conchita, Corpsepaint, Blastbeats—ich wünsche mir das, viele andere sicher auch.

Ich bitte Sie daher abermals, Musik nicht nur als wohlklingenden Arm ihrer Persona zu verwenden, sondern Konterkultur und Stilbruch auch in Songform zum Ausdruck zu bringen. Hochachtungsvoll.

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