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Noisey Blog

Es gibt coole Clubs und Locations in Österreich—nur halt nicht in Wien

Außerhalb von Wien ist das Gras grüner und die Äpfel saftiger.

Foto von der Autorin.

Ich veranstalte ja manchmal Techno-Raves. In Wien. Veranstalten bedeutet, dass ich Künstler buche, Promo mache und eine passende Location finde. Der letzte Punkt wird in Wien immer mehr und mehr zum unlösbaren Problem. Letztens bin ich mit einem Kollegen zusammengesessen—er würde gerne einen international angesehenen Künstler buchen. Ob ich nicht Locations in Wien kenne, die zwei Floors haben, zahlbar sind, wo man nicht fettes Vitamin B braucht, um an eine humane Miete oder überhaupt an die Location zu kommen. Und wo die Anlage passt—das ist für einen größeren Act ja sowieso selbstverständlich. Nun, ich kenne keine. Zumindest keine Location, die ich in den nächsten sechs Monaten haben könnte.

Ohne jetzt Namen nennen zu wollen, oder irgendjemanden in Wien anzukreiden: Die meisten Lokale und Clubs in Wien haben mindestens ein riesiges, offensichtliches Manko. Und mit nur einem sind sie schon echt gut dabei. Die Anlage ist schlecht, oder die Miete zu teuer, oder sie haben das Magistrat am Hals und spielen lächerlich leise Musik, oder und sie haben keine zwei Floors. Und nur um es nochmal hervorzuheben: Die Miete. Natürlich können die Betreiber nichts für Wien-Preise, auch nicht für die Anlage und auch nichts für das Magistrat—es sind immer andere. Einrichten könnte man aber schon. Oder den Veranstalter am Barumsatz beiteiligen—grundsätzlich einmal leiwand sein.

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Aus der Gastsicht bin ich hier schon glücklich und zufrieden—ab Donnerstag habe ich mehr als die Wahl, wenn ich fortgehen möchte. Underground ist hier genauso gut vertreten wie die Edel-Schiene. An manchen Abenden bleibe ich trotzdem lieber daheim, man kann sich auch sattsehen. Beschweren wäre also zu viel—aber meine Zähne knirschen, jetzt da ich durch das Veranstalten die Hintergrund-Infos habe und das Lokal betrete. Vielleicht sind die Clubs außerhalb auch vorbelastet—mit dem Magistrat, den Anlagen und der Korrektheit. Aber meine Kollegen und ich selbst, habe die Erfahrung gemacht, dass die Betreiber außerhalb viel netter, zuvorkommender und kooperierender sind. Und zusätzlich gibt es außerhalb von Wien riesige und schöne Locations. Ein offensichtliches Manko ist mir noch nicht untergekommen.

Auf VICE Alps könnt ihr lesen, warum Wien ein Paradies ist.

Vielleicht sudere ich einfach nur, weil ich ein verwöhnter Wiener bin. Vielleicht habe ich auch recht und bin in meinem Dorf Wien für immer gefangen. Jedenfalls habe ich vor einer Woche das erste Mal im Kontext des Veranstaltens bewusst über meinen bescheidenen Wien-Tellerrand geschaut und musste mit Entsetzen feststellen, dass es überall sonst in Österreich wirklich nette, einzigartige und offene Locations gibt. Da passt die Lautstärke, die Miete ist nicht zu teuer und es ist wunderschön eingerichtet. Klar haben Clubs, die nicht in der Hauptstadt sind weniger Miete—aber manche von denen sind so leiwand, dass sie dich am Barumsatz beteiligen lassen oder sonst extrem zuvorkommend sind. Und nett! Obwohl du fremd bist und euer Gespräch nicht unter das Label „Freunderlwirtschaft" fällt. Die meisten sind auch richtig groß. Zu den größten Club-Locations in der Hauptstadt zählen das Bollwerk, der Praterdome und der Volksgarten—selbsterklärend, warum ich so verzweifelt, traurig und betroffen bin. Hier sind mehr die Proleten und prätentiösen Menschen am Vormarsch, als überall sonst in Österreich.

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Das war 2013 eine Lasershow in Dom im Berg. Natürlich haben die Shows wenig mit den Locations am Hut—aber je mehr Kohle dem Veranstalter für Licht und Co. bleibt, desto mehr wird er dafür ausgeben. Statt der Miete. Für die plombierte Anlage. Screenshot via YouTube.

Zum Beispiel in Graz. In Graz gehen die ärgsten Festln, einige Wiener-Veranstalter haben auf Wien endgültig geschissen und haben ihre Partys dahin verlagert. Nicht nur, weil es dort eine dankbare und große Crowd gibt, sondern weil die Clubs auch echt cool sind. Die haben auch noch zusätzlich so etwas wie ein Ambiente—etwas, das man in Wien für unter 1.500 Euro eher nicht bekommt (es sei denn, man hat Freunde). Clubs mit diesem Ambiente sind zum Beispiel das ppc. Oder der Bunker—dort gehen Techno-Raves ab, von denen träumt Wien eigentlich noch immer. Während es aus dem superschicken Wodka-Bull Glass nippt und Paul Kalkbrenner hört. Die Postgarage Graz ist auch so eine Location, die man eher in der Hauptstadt vermuten würde, aber stattdessen in Graz antrifft. Oder das Dom im Berg—das ist so eine wunderschöne Location, dass ich sie noch immer für unreal halte. Sie ist zwar auch teurer, man wartet schon ein bisschen auf einen freien Termin, aber das macht sie mit viel Platz und ist einfach unrealistischer Schönheit wieder gut. Allerdings sind im Dom im Berg seltener Partys. Noch. Zusammenfassend lässt sich sagen: Graz > Wien.

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So poscht es im SUB in Wiener Neustadt. Screenshot via YouTube. Wiener Betreiber könnten sich das Video mal ansehen.

Bis zu fünf Floors soll auch das B10 in Hagenberg haben. Das ist in Niederösterreich. Da findet man auch das SUB—ein Club in Wiener Neustadt, mit einer Anlage, die Wiener Clubs hoffentlich Schamröte ins Gesicht zaubert. In St. Pölten gäbe es das VAZ—sollte eine Zombieapokalypse ausbrechen, kann man dort getrost eine neue Zivilisation starten. Ist zwar strenggenommen kein Club, fällt trotzdem unter Partylocation. Oder das Warehouse in Sankt Pölten—vielleicht nicht unbedingt für die Zombieapokalypse und auch eher für Konzerte, aber der Unterschied zwischen Konzert und Party ist ja heutzutage fließend. Das Wiener Gegenstück ist wohl die Arena oder die St.Marx-Halle. Früher gingen auch im Gasometer Partys, hat sich aber eher aufgehört.

Neue, kleinere Zivilisationen zu gründen, ginge auch im Werft in Korneuburg. Oder in der Eventpyramide Vösendorf. Ja, Zivilisationen könnten wir auch im Bollwerk gründen—nur in Niederösterreich spielt es in diesen Locations (natürlich je nach Veranstalter) wirklich gute Musik.

Das Böllerbauer in Haag oder das Hyrtlhaus in Perchtoldsdorf sind zwei Locations, die ganz genau zeigen, wie eine Symbiose mit Außenbereich, Natur und überdachten Floors geht. Da kann man Partys besuchen, die sich wie ein Mini-Festival anfühlen. Während wir in Wien im gefühlt fünf mal fünf Meter-Garten—der bald aus Sand und Sushi-Bar besteht—in der Sauna stehen und über sogenannte „Bauern“ lachen, checken wir meistens nicht, dass wir eh die allergrößten Bauern sind. Halt mit MK-Tasche am Handgelenk. Oder wir gehen auf die wunderschöne Donauinsel und hören uns in diversen Freiluftlokalen Musik in Handylautstärke an. Oder am allerbesten: Wir treten aus dem Club hinaus und chillen am Beton mit dem Blick in das Abwasser. Wir sind so cool, kann mich kaum halten. Wien ist eben anders.

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Blicken wir mal nach Linz—die ehemalige Tischlerei, die jetzt die Kantine Linz ist—wow, da hat sich jemand ein Konzept beim Ausmalen und Einrichten überlegt. Und eine fette Anlage hineingestellt und das auf beiden Floors. So ähnlich soll auch Tante Emma in Innsbruck sein—lässig eingerichtet und mit einem durchgemischten Publikum gefüllt. Und wenn man außerhalb Wien durchgemischt sagt, dann meint man auch wirklich durchgemischt. In Wien hat man ja schon ein durchgemischtes Publikum, wenn gleichaltrige WU-Studenten und Sozialwissenschaftler miteinander feiern. Der Felsenkeller in Salzburg ist genau das, was er verspricht: Ein Felsenkeller. Auf leiwand. Das Rockhouse ist größer, aber nicht weniger cool.

Der Rauch Club in Feldkirch kann auch als Konzert-Location verwendet werden, ist aber eher ein Club. Screenshot via YouTube.

Das Conrad Sohm in Dornbirn lässt mich mein Vorurteil, dass es in Dornbirn grundsätzlich kein Leben gibt, sofort verwerfen. Oder man fährt nach Feldkirch und entspannt sich im Rauch Club—ein Club der so schöne, glatte Felsenwände hat, dass ich sie mit Kreide anmalen möchte. Felsenwände scheinen überhaupt the shit zu sein.

Und so könnte ich noch ewig weitermachen—es gibt auch in anderen Bundesländern einige Clubs, hier hab ich mal die—für mich—spannensten genannt. Man könnte auch nach Brünn oder nach Bratislava fahren, um zu sehen, wie Clubs aussehen können. Ja oder man bereitet sich auf eine depressive Wien-Hass-Phase vor und geht in Berlin fort. Oder überhaupt in Deutschland. Natürlich war ich nicht allen der hier genannten Clubs—aber ich habe mich mit Einheimischen beratschlagt und sie stehen auf meiner to visit-Liste.

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Für mich steht Graz und die Gegend um St. Pölten Wien um nichts nach. Wenn sie nicht sogar über Wien sind. Aus Veranstaltersicht ist sowieso alles leiwand, was nicht zur inzestuösen Wien-Szene gehört. Und ja, manche Clubbetreiber können wirklich nichts für die leise Musik oder dem Aussehen ihres Lokales. Aber die lassen sich genauso an einer Hand abzählen, wie Clubs, die man als Musiknarr besuchen kann ohne frustriert hinauszutreten. Ich weiß schon, die Hauptstadt hat weniger Platz, mehr Anrainer, sowieso höhere Miete, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass man trotzdem alles mit ein bisschen mehr Liebe und Hingabe machen könnte. Ich bin in Kontakt mit einigen der Clubbetreibern außerhalb Wiens—schon allein der Ton ist ein anderer. Ist natürlich meine subjektive Sicht—es wird genug Veranstalter geben, die alles scheiße finden, außer Wien. Aus Gastsicht werde ich mehr in Zugtickets investieren—schon alleine weil ich meinen Horizont erweitern und Neues erleben will.

Bevor die Kommentare mich anfeinden und mir Wiener Locations aufzählen oder Locations außerhalb Wiens, die ich nicht erwähnt habe—ihr habt den Sinn dieses Artikels nicht verstanden. Natürlich ist es eine persönliche und überspitzte Sicht der Dinge. Worum es mir aber geht: Ein paar Perlen außerhalb der Hauptstadt erwähnen—von denen hört man hier in der Wien-Blase selten was. That´s it.

Fredi ist auf Twitter: @schla_wienerin

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