FYI.

This story is over 5 years old.

Features

„Es war wie eine Offenbarung“—Chris Carrabba von Dashboard Confessional bespricht das Emo-Revival

Der Emo-Pionier schreibt auf, was er von den neuen Bands und der Richtung hält, in die sich das Genre entwickelt hat.

Ich war gerade wieder zurück an meinem Schreibtisch bei der Arbeit, als ich eine Email vom Presseagenten von Dashboard Confessional in meinem Postfach vorfand: „Was hast du ihm gezeigt? Er hört nicht auf, davon zu reden, und will mehr hören.“ Ich hatte das Gefühl, dass so etwas passieren würde. Ich hatte den Emo-Pionier zuvor für meinen Washed Up Emo-Podcast interviewt. Chris war auf Tour, um das Album seines Folk-Projekts Twin Forks zu promoten und am Ende des Interviews hatten wir noch ein bisschen Zeit. Ich beschloss, ihm ein Video der aufstrebenden, emotionalen Band Foxing zu zeigen. Er war absolut gefesselt davon. Als der Song den ersten Refrain erreichte, fingen Chris’ Augen fasziniert und begeistert an zu leuchten und während er mir direkt in die Augen sah, sagte er: „Warte, diese Art von Musik ist zurück?“

Anzeige

Emo als Genre hat in den letzten Jahren ein paar Schritte weg vom Glanz und Glitzer des polierten Pop-Punk gemacht, der den Massen mit einem praktischen Wort zur Vermarktung serviert wurde. Diese Schritte sind das „Revival“, das 2010 ernsthaft begann. Für viele in der Independent-Szene war das Revival ziemlich offensichtlich. Aber einer der Vorreiter unserer Szene hatte dies nicht mitbekommen. Nach Foxing änderte sich dies.

Ich stimmte zu, ihm eine Playlist an Bands zu schicken, die er sich anhören sollte, um zu sehen, was es so gibt. Was ich zurückbekam, war unerwartet und inspirierend. Chris war total begeistert von der Independent-Szene und spürte wieder neue Energie. Diese neuen Bands haben Chris an die Vergangenheit erinnert und ihn tatsächlich dazu inspiriert, selbst neue Songs zu schreiben. „Meine Güte, es war wie eine Offenbarung.“

Text von Chris Carrabba.

ALGERNON CADWALLADER—„SPIT FOUNTAIN"

„Spit Fountain“ beginnt mit einem trashig klingenden Percussion-Loop und einem cleanen, aber angezerrten Gitarrensound, der meines Wissens als „stringy“ bezeichnet wird. Als ich diese Gitarre gehört habe, habe ich etwas wie frühe Promise Ring zur Zeit von Horse Latitudes, Texas Is The Reason oder Recess Theory erwartet. Ich habe zwar den Geist all dieser Bands in dem Song gehört, als „Spit Fountain“ aber richtig einsetzte, wurde ich an die Hemmungslosigkeit und den gekonnten jugendlichen Spirit der Band Commander Venus erinnert. „Spit Fountain“ ist kurz und kraftvoll und ich habe das Gefühl, dass ich ihn mir immer und immer wieder anhören muss, immer lauter.

Anzeige

BALANCE AND COMPOSURE—„REFLECTION“

Die Intro-Gitarren haben etwas von Jets To Brazil, die auf Shoegaze-Bands wie Slowdive und The Stone Roses Bezug nehmen, bis die Band und der Song in der Tradition einer der besten Laut-Leise-Laut-Bands überhaupt, Hum, richtig loslegen. Großartiger Bass und großartiges Schlagzeug, die den Song fest zusammenhalten. Nur das Schlagzeug und der Bass scheinen nicht mit Reverb getränkt zu sein, was dem Gesang und der Gitarre ein jenseitiges Gefühl verleiht. Es ist ein reichhaltiger und satter Song mit viel Biss.

EMPIRE! EMPIRE! (I WAS A LONELY ESTATE)—„HOW TO MAKE LOVE STAY"

Diese Leute haben einen tollen Sinn für Melodie. Und selbst der Tonfall der Texte passt rhythmisch und melodisch dazu. Sie sind ihr beinahe verfallen. Ich mag die Gegenüberstellung, die mit den gegensätzlichen Pfaden bei der Instrumentierung erschaffen wird. Es könnte eine Akustikgitarre dahinter liegen und ich wäre fasziniert. Ich bin aber eher fasziniert von der offen chaotischen Natur des Songs, mit der Instrumentierung. Obwohl es bis an die Grenze chaotisch ist, ist es beherrscht genug, dass du noch sagen kannst, welche Teile es gerade sind. Es ist nicht nur Durcheinander. Das hat mir wirklich gefallen. Dieser Song ist nicht zart, was ein Erfolg der kleinen Entscheidungen ist, weil er um eine fesselnde und schöne Melodie und ein textliches Fundament herum aufgebaut ist. Dass der Bombast und die sich wiederholenden melodischen Mittel nicht übereinstimmen, ist sehr kraftvoll.

Anzeige

EVERYONE EVERYWHERE—„THE FUTURE“

Dieser Song beginnt mit Schlagzeug und Bass und schönen, aber kantigen Gitarren. Der Sänger hat mit der Kraft der ersten beiden Worte „displaced dreams“ mein Interesse und behält es für den Rest des Songs. Seine Stimme hat eine so ungezwungene Kraft und Präsenz, ohne den Drang, dem Hörer den Kopf abzureißen, um das zu beweisen. Der Song baut sich in einem langsamen Bogen auf, der mich mit jeder Wendung mehr in seinen Bann zieht. Sie spielen ein Gitarrensolo, ohne dass es ironisch ist, und obwohl es etwas von Sonic Youth hat, bleibt der Song sehr melodisch. Er endet nach dem Solo-Abschnitt und ich will mehr von der Stimme des Sängers.

INTO IT. OVER IT.—„DISCRETION & DEPRESSING PEOPLE“

Into It. Over It. scheinen all die Dinge zu haben, die ich an Songs aus jeder Zeit mag. Gekonnte Texte, ein bisschen abfällig im Vortrag, aber die Art von Abfälligkeit, die das Denken anregt, nicht die Art, die man einfach abtut. Dafür ist seine Stimme zu gut. Die Strukturen innerhalb jedes Teils scheinen sich bewusst zu sein, dass sie dazu gedacht sind, ein Publikum anzustacheln. Ich kann die Parallelen zu Into It. Over It. natürlich sehen. Vielleicht ist das der Grund, warum ich so mit ihnen mitfiebere, vielleicht bin ich deshalb so ein großer Fan geworden. Aber die Art, mit der er das macht, ist nicht das, was mich zum Fan macht, es ist, weil er verdammt großartig ist.

Anzeige

LA DISPUTE—„SUCH SMALL HANDS“

Klingt verzweifelt. Es ist etwas Tröstliches daran. Aus demselben Grund mag ich Small Brown Bike, Cursive und mewithoutYou. Es fühlt sich so an, als würde irgendwas immer schief gehen. Auf irgendwie herrliche Art. Sie haben diesen Nerv getroffen. Das ist schwer zu finden. La Dispute haben mit mir also einen neuen großen Fan.

SNOWING—„SO I SHOTGUNNED A BEER AND WENT TO BED”

Tolle Drumloops und eine Entwicklung, die nicht traditionell ist. Es ist etwas exzentrisch und fantastisch. Der Sänger hat ein Timbre in seiner Stimme, das auch meine Lieblingssänger haben—dazu gehört zum Beispiel Davey von The Promise Ring—und nicht nur das, er gibt mir direkt eine Zeile, die mir einen Schmerz zufügt, den alle Schreiber kennen. Dieses „Oh mein Gott, das ist so einfach und ein perfekter Ausdruckswechsel… Ich wünschte, ich hätte das geschrieben“-Gefühl. Diese Zeile ist in diesem Song „… a minor case; a major depression“. Dieser Song hat mich dazu gebracht, dass ich das Durchhören der Playlist unterbrochen und für eine Weile Gitarre gespielt habe. Snowing sind inspirierend.

THE FRONT BOTTOMS—„TWIN SIZE MATTRESS“

Ich war mit diesen Jungs unterwegs und sie sind meine Freunde, also ist meine Objektivität hier fraglich, aber beruhigen wir uns alle, OK? The Front Bottoms sind die beste Band in der Geschichte der Welt. Sieh sie dir an und kauf all ihr Merch.

THE HOTELIER—„THE SCOPE OF ALL OF THIS REBUILDING”

Bei diesem Song haben sich meine Härchen aufgestellt. „The Scope of All of This Rebuilding“ ist ein harmonisches und am Ende mit Crew-Gesang versehenes Meisterwerk der Kraft, das in manchen Momenten nur auf einen Sänger reduziert und auf neue Art fesselnd wird. Ich hatte eine intuitive Reaktion auf diesen Song. Sie ist unbestreitbar. Ich erinnere mich daran, als ich Saves the Days Can’t Slow Down gehört habe und mir gedacht habe: „Tja, ich werde das wieder von vorne anmachen und dann immer und immer wieder hören.“ Es ist dieses Gefühl. Die Struktur davon ist umgekrempelt. Das gefällt mir sehr. Zum Beispiel wenn es die ganzen Harmonien in der ersten Strophe gibt, das wird normalerweise nicht so gemacht. Dann gibt es den Crew-Gesang. Und später nur noch eine Stimme. Aber bei dieser Band heißt es direkt von Anfang an: „Hey, wir singen das alle. Fangt an zu singen.“ Es ist schwer, einen Favoriten auszuwählen, aber dieser ist ziemlich weit oben auf dieser Liste an Songs.

Anzeige

THE WORLD IS A BEAUTIFUL PLACE AND I AM NO LONGER AFRAID TO DIE—„HEARTBEAT IN THE BRAIN“

Dieser Song ist auf Anhieb ein Liebling von mir. Merkwürdig und herrlich. Komisch und liebenswert. Ich mag die Furchtlosigkeit und die Verschmelzung von mindestens fünf Subgenres der Szene, die ich gleich beim ersten Hören zähle. Piebald waren darin auch großartig. Es scheint mir, als würde diese Band so viele Musikstile lieben und keinen Grund sehen, warum sie sich auf nur eins festlegen sollen… und sie haben Recht. Die herausstechende Textzeile ist für mich: „When you hold me, I feel held.“ Ich musste den Song anhalten und über die Stärke dieser Textzeile nachdenken und die Vielzahl an Bedeutungen, die ich davon ableiten kann. Dieser Song haut mich ehrlich gesagt um.

YOU BLEW IT!—„MATCH & TINDER”

Dieser Song ist voll mit dem Spirit der Post-Hardcore-Szene. Ich mag einfach den Mut des Gesangs und der Texte. Die Band balanciert gut zwischen Hardcore und Pop-Punk, ohne etwas von beidem wirklich zu sein, sondern noch viel mehr. Es ist etwas an der Art, wie die Band sich dem Groove annimmt, das mich an New Found Glory denken lässt—die für viele Sachen Anerkennung bekommen, aber nie genug dafür, eine Groove-basierte Band zu sein (nicht auf lahme Weise, sondern auf die Art, dass der Song zu deinem Herzschlag wird).

Diese ganze Liste fragt: Wie nimmt das Bezug auf die Dinge, die mir etwas bedeutet haben? Es hat mein Dasein als Musikfan geformt und letztendlich meine Karriere, aber darüber hinaus geht es darum, voranzukommen. Ich war anschließend so inspiriert, dass ich einen Song schreiben musste. Wie alle Musik stammt es von etwas, das es vorher gab. Aber es bewegt sich in einer Geschwindigkeit voran, die so schnell ist, wie ich seit dem ersten Revival, dessen Teil ich war, nicht mehr gesehen habe.

Ich möchte fast, dass es langsamer wird. Die Generation direkt nach meiner war zu schnell. Es wurde ein Derivat, weniger kraftvoll. Es gab Bands, die nach mir kamen, wie Fall Out Boy, die kraftvoller waren. Und dann gab es Bands, die danach kamen und die Kopie von Kopien waren. Ich hoffe, dass das nie wieder passiert. Das könnte es, aber es scheint zu dieser Zeit weniger wahrscheinlich.

Tom Mullen betreibt den Podcast Washed Up Emo. Folgt ihm bei Twitter.

**

Folgt Noisey bei Facebook und Twitter.