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„Vielleicht werde ich auch einfach alt und sensibel“—Caribou im Interview

Caribou ist schon so lange Musiker, dass er mit seinem neuen Album nun auch das gewöhnlichste Thema nicht mehr umgehen kann: die Liebe.

Fotos: Jan Kapitän

Wenn Caribou etwas veröffentlicht, kannst du dem Resultat bereits ungehört eine Bewertung im oberen Skalabereich reservieren. Dass nach dieser Ansage Tracks wie „Can't Do Without You“ folgen, die so gut sind, dass wirklich jeder nach einer extended Extended-Version lechzt und nach dem Remix vom geremixten Remix, nur um noch mehr von dieser Grandiosität einsaugen zu können, ist wenig überraschend. Dagegen könnte es einen schon eher verwundern, wenn Dan Snaith erzählt, dass er bei seinen vorigen Alben, Swim oder Andorra, immer wie jemand anderes zu klingen versuchte, oder wenn er ein Album über Liebe veröffentlicht, ein sehr poppiges, weiches Werk. „Vielleicht werde ich auch einfach alt und sensibel“, sagt er in unserem Interview vor ein paar Wochen. Immerhin ist Caribou nun schon seit über 10 Jahren als Musiker unterwegs und kann sich beinahe gar nicht mehr an sein Leben davor erinnern, als er seinen Doktor in Mathematik machte und an einer Arbeit schrieb, die inzwischen schon gar keine Relevanz mehr hat. Es handelt sich also tatsächlich um lange Zeiträume, nicht nur in Wissenschaftsrelation, in denen Papa Caribou viel über sich, seine Musik und die Liebe gelernt hat. Diese Weisheiten, mathematisch und musikalisch, möchte er jetzt auch weitergeben.

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Noisey: Dein neues Album handelt von Liebe. Das ist ein ziemlich gewöhnliches Thema, oder nicht?
Caribou: Sicher.

Ist es ein Thema, das Musiker nicht vermeiden können?
Es ist ein Thema, das niemand, kein menschliches Wesen, je vermeiden kann. In all den Jahren, in denen ich Musik gemacht habe, dachte ich anfangs immer, dass ich über kein bestimmtes Thema schreibe. Es ging anfangs immer nur um meine Passion zur Musik, es war wie eine reine Musikproduktion. Auch meine Lyrics handelten von nichts im Speziellen, sie waren einfach fiktive Texte, Sketche, die nichts mit meinem Leben zu tun hatten. Irgendwann habe ich mir die Frage gestellt, was ich eigentlich mit meinem Leben anstellen möchte, wo ich hin möchte, wo ich mit der Musik, die ich mache, stehen möchte. Es geht daher mittlerweile auch um Liebe, und nicht nur über die romantische Liebe zu meiner Frau, auch um die Liebe zu meiner Tochter, um das Gefühl der Verbundenheit mit meinen Fans. Und auch über meine Liebe zur Musik, das sind alles Manifestationen von ein und derselben Sache. Ich meine, natürlich handelt jedes Buch, jeder Film, alles irgendwie von der Liebe, aber es gibt dafür einen Grund. Das muss ich ja niemandem erzählen. Es ist das Essentielle am Menschsein, diese Verbindung zu anderen Menschen.

War es dann das Schreiben deiner Texte, das dich so zum Nachdenken gebracht hat?
Nein, nicht nur das. Natürlich repräsentieren das meine Texte, aber einfach seit mittlerweile 36 Jahren ein menschliches Wesen zu sein, ist das Wichtige, das ist die Essenz. Liebe wird in Songs und in der Popkultur generell oft als Märchen dargestellt, als unrealistische Sache, meist sehr eindimensional und falsch. Ich wollte davon wegkommen, ich wollte nicht nur diese eine romantische Liebe oder diese eine bestimmte Vorstellung von Liebe zeigen. Ich wollte die ganze Textur, die ganze Komplexität des Themas mit einbringen, denn das ist es, was Liebe und Beziehungen so einzigartig und interessant macht. Es ist nicht so simpel. Obwohl ein Popsong, der nur drei Minuten lang ist, etwas sehr Simples ist. Aber das ist die Herausforderung, so viel wie möglich in eine prägnante Idee zu quetschen.

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Es gibt wenige Alben über Liebe, die so positiv sind wie deines.
Das stimmt, es gibt sehr viele Alben über unglückliche Beziehungen und Trennungen. Meine Erfahrungen mit der Liebe und dem Leben sind aber, dass positive und negative Dinge direkt nebeneinander stattfinden. Du kannst glücklich und traurig zur gleichen Zeit sein. Musik verbindet genau das auf eine einzigartige Weise, man kann so viele Emotionen in nur einem Stück hören. Und ich hoffe, dass die Musik auf dem Album diese Komplexität transportiert. Es fällt mir allerdings schwer zu erraten, was Menschen in meiner Musik hören. Ganz oft wird sie als fröhlich und positiv empfunden und manchmal als traurig und melancholisch.

Hörst du selbst gern traurige Musik?
Natürlich. Und nicht nur wenn ich gerade selbst traurig bin. Auch wenn du gar nichts Bestimmtes fühlst, ist es toll. Wenn du glücklich bist und ein melancholisches Stück hörst, kann es dich reinziehen und deine Stimmung komplett verändern. Das ist eines der tollsten Dinge an Musik, es kreiert ein ganz neuen Raum für dich. Wenn du glücklich bist, musst du ja kein glückliches Lied hören.

Our Love ist viel zugänglicher und wirkt, als wäre es für ein breiteres Publikum gemacht. War das deine Intention?
Das ist tatsächlich zufällig passiert, das war nicht meine Intention. Nachdem Swim herauskam, war die Reaktion so positiv und ich habe so viele Leute getroffen, die gerade in ihrem Leben nicht weiterkamen und mir von einigen Momenten erzählen wollten, das war für mich unglaublich. Ich habe vorher schon lange Musik veröffentlicht, aber das war das erste Mal, dass es mich so betraf. Der Song bedeutet für diese Person also das? Das ist verrückt. Ich habe das Album überhaupt nicht zu diesem Zweck gemacht. Und diese Erfahrung hat meine Leben so beeinflusst, es hat die letzten Jahre meines Lebens so glücklich und wundervoll gemacht. Als ich dieses Album begonnen habe, wollte ich, dass es für alle anderen und nicht nur für mich ist. Bei meinen vorherigen Alben habe ich an niemanden gedacht.

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Ich hatte nicht das Ziel, etwas zu machen, dass zwangsläufig jeder mögen muss und so zugänglich ist, dass es wirklich jeder mögen wird. Allerdings wenn ich es jetzt nochmal anhöre, ist es definitiv das poppigste und zugänglichste, was ich je gemacht habe. Vielleicht werde ich auch einfach alt und sensibel. Aber wenn ich früher eine Melodie gehört habe und es hatte das Wort „Liebe“ im Text, dann dachte ich immer: „Das ist zu viel“, dann habe ich es oft hinter etwas anderem, beispielsweise hinter Lyrics, versteckt und wollte das weniger offensichtlich machen. Ich bin jetzt selbstbewusster und brauche nicht mehr alles zu verstecken, alles kompliziert zu machen oder zu sehr zu analysieren. Wenn das eine Melodie ist, die mich betrifft, und Lyrics, zu denen ich einen Bezug habe, ist das gut.

Das Wort „Love“ kommt auf diesem Album tatsächlich sehr oft vor.
Ja, total.

Es scheint, als würdest du dich mit vielen Menschen über deine Musik austauschen und ihre Reaktionen beobachten. Ist das etwas, dass dir wichtig ist?
Das ist etwas Neues, das habe ich vor Swim nie gemacht. Ich habe nie Reviews gelesen und ich wollte auch nie Feedback hören. Swim ist das erste Album, das Menschen gehört haben, die mich nicht an mich selbst erinnern. Bei meinen ersten beiden Alben waren die Menschen, die sie gehört haben, einfach auch Musikfans, wie ich. Bei Swim konnte es ein 19-Jähriger sein, der sich meine Songs angehört hat, während er eine großartige Zeit auf Ibiza hatte, oder jemand, der viel älter ist als ich und das Album zufällig in einem Geschäft gehört hat. Es war plötzlich ein viel breiteres Publikum, von dem ich Feedback bekommen habe und das hat mich sehr überrascht, einfach weil es Menschen waren, mit denen ich mich überhaupt nicht identifizieren würde. Der Gedanke ist sehr aufregend, ich weiß, das ist ein Klischee über Musik, dass sie universell ist und grenzüberschreitend Menschen anspricht. Aber meine Musik hatte das vorher noch nicht gemacht, deswegen war das sehr interessant und auch aufregend.

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Was hast du auf dem Album neu probiert?
Ich mache auf vielfache Weise immer noch exakt dieselbe Musik: Ich nehme zum Beispiel immer noch zuhause auf und meine Musik ist immer noch eine Mischung aus computergenerierten Tönen, echten Instrumenten und meinem Gesang. Dieses Mal waren zum ersten Mal sowohl Jessy Lanza, als auch Owen Pallett in den Prozess involviert. Vom ersten Tag an haben sie mir bei jedem Track mit Vorschlägen und Rat zur Seite gestanden. Bei jedem neuen Track habe ich ihnen einen kleinen Loop geschickt und sie nach ihrer Meinung gefragt, man kann die beiden jetzt richtig heraushören. Ich habe sonst immer alleine entschieden, aber durch ihre unterschiedlichen Sichtweisen sind für mich viele neue Perspektiven entstanden, die ich so vorher noch nie wahrgenommen habe.

Ist nicht auf „Mars“ auch eine Flöte zu hören?
Ja, aber nur ein Synthesizer.

Ich finde ja, dass die Flöte ein sehr seltsames Instrument ist und habe auch das Gefühl, dass sie in der elektronischen Musik immer mehr verwendet wird, meinst du nicht?
Ich bin ja ganz schrecklich, ich habe die Flöte und auch die Harfe immer schon gerne eingesetzt, auch viel zu oft. Bei dem Daphni-Album gibt es viele Flöten-Einsätze, auf Swim auch. Our Love ist das erste Album, auf dem ich keine Harfe benutzt habe. Ich habe es schon immer mit diesen Instrumenten übertrieben. Vieles, was meine Musik ausmacht, habe ich über die Jahre beibehalten, aber einiges hat sich auch geändert. Ich kann mir vorstellen, dass viele Künstler eine Synthesizer-Flöte benutzen, man hört ja auch kaum den Unterschied.

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Offensichtlich kann ich keinen Unterschied hören.
Ja, aber in den 90ern hättest du den noch gehört. Auf Swim hat ein Freund von mir Flöte gespielt, diesmal habe ich es selbst gemacht mit dem Synthesizer. Es klingt schon etwas anders. Aber Instrumente sind eben manuell, es hängt immer davon ab, wie jemand spielt, welche Handbewegungen er zum Beispiel macht. Und wenn man das am Computer macht, kommen ganz andere Töne heraus, die man auf der Flöte gar nicht spielen würde. Du kannst eine Melodie haben, auf die niemals jemand, der Flöte spielt, kommen würde, einfach wegen ihrer manuellen Gewohnheiten. Du bekommst etwas Neues.

Hängt denn der Track „Dive” mit Swim zusammen?
Ja, „Dive” ist tatsächlich eine Referenz zu Swim. Allerdings nichts speziell an diesem Song, denn der wurde eher durch zeitgenössische HipHop- und R’n’B-Produktionen beeinflusst, mit den glossy Sounds und dem Low-Tempo-Beat. Ich wollte aber eine Verbindung herstellen, da die beiden Alben für mich wie Geschwister sind. Sie sind zwar unterschiedlich, aber verglichen mit allen anderen Alben, die ich bisher produziert habe, ähneln sie sich noch am meisten.

Siehst du deine Projekte Caribou als breiter zugänglich bzw. Daphni als experimenteller an?
Nein. Wobei in mancher Hinsicht ist das Publikum von Daphni wesentlich spezieller. Daphni ist für den Club gemacht, für meine DJ-Sets. Es wird daher niemals einen Daphni-Track geben, zu dem man nicht tanzen kann. Mit Caribou ist es anders, da ist manches tanzbar und manches eben nicht. Caribou hat mehr Pop-reflektierte Ideen und ist alles, was ich mag und ausprobieren möchte. Manche Caribou-Tracks beinhalten nur 30 Sekunden voller seltsamer Töne. Es gibt nichts, was Caribou sein oder nicht sein sollte. Alles, was in an Musik liebe, fließt in Caribou ein.

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Ich habe deine Dissertation im Netz gefunden, aber mir gar nicht erst die Mühe gemacht, die Überschrift zu übersetzen oder zu verstehen.
(lacht) Das war eine gute Entscheidung.

Hast du auch mathematische Fans?
Manchmal kommt das tatsächlich vor. Aber wenige Leute sprechen mich darauf an. Es ist wohl recht ungewöhnlich, dass jemand, der aus der Mathematik kommt und einen Doktor hat, auch Musik macht. Manchmal—es ist doch sehr selten—kommen Menschen auf mich zu und meinen „Ich habe auch Mathematik studiert! Lass uns darüber sprechen!“, während ich versuche, mich daran zu erinnern. Es ist ja doch schon zehn Jahre her, dass ich meine mathematische Karriere aufgegeben habe. Es liegt für mich also in der Vergangenheit. Manchmal passiert das.

Ist es schon mal passiert, dass ein Fan deine Arbeit gelesen hat?
Nein. Es hat mich noch niemand auf meine Dissertation angesprochen. Das Forschungsfeld war damals noch ganz neu, ich habe damals nur ein ganz kleines Feld angeschnitten. Ein paar Jahre später hat jemand das komplette Feld erklärt, wodurch meine Theorie irrelevant wurde. Aber das ist schon okay so. Ich hätte damals das ganze Feld bearbeiten sollen, wenn ich etwas wirklich Gutes hätte machen wollen. Aber als ich Doktorand war, wollte ich eigentlich immer auf Tour gehen und Platten veröffentlichen. Deswegen war ich immer so: „Wie viel muss ich machen, um den Doktor zu bekommen? Den Rest der Zeit mache ich dann Musik.“ Aber immerhin hat irgendwie beides geklappt. Wenn ich jetzt an diese Zeit zurückdenke, kann ich gar nicht glauben, dass ich das damals geschafft habe.

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Ich habe auf dem Weg hierher ein Zitat gelesen: Das Leben ist wie Mathematik. Wenn es einfach ist, dann läuft etwas falsch.
Wer hat das gesagt?

Ich weiß es nicht, ich habe es im Internet gelesen. Würdest du zustimmen?
(lacht) Bis zu einem bestimmten Punkt stimmt das. Es ist natürlich schwer, dieses Zitat in Relation zu setzen, wenn man nicht weiß, wer es gesagt hat. Aber Mathematik verändert sich grundlegend, wenn du von der Schule gehst und es auf Hochschulniveau studierst. In der Schule ist es schon auch schwierig, aber es wiederholt sich alles und ist etwas langweilig. Du löst das gleiche Problem zehn Mal mit der gleichen Formel. Wenn du aber aus der Schule kommst, wird Mathematik ganz anders. Es wird alles experimenteller, kreativer, flexibler, philosophischer. Es gibt dann nicht mehr den einen richtigen Weg und eine Lösung. Du musst es eher herausfinden. Du musst intuitiver sein. Und das reflektiert auch das Leben und die Realität ganz gut. Das Leben ist keine Mathe-Aufgabe aus der Schule. Du musst deine Fantasie benutzen und die Dinge herausfinden, während du deinen Weg gehst.

Zurück zu deiner Musik: In einem anderen Interview meintest du mal, dass dich bei der Arbeit zu Andorra James Holden sehr beeinflusst hat. Gab es jemand ähnliches bei Swim oder Our Love?
Bei Swim war es definitiv ähnlich. Ich war viel in Clubs in London unterwegs, Theo Parrish spielte immer dort, Joy Orbison, Floating Points auch, viele junge Dancemusic-Produzenten, all das fing gerade in London an, als ich an Swim arbeitete. Das war sehr aufregend. Daher ist Swim auch sowas wie ein London-Album für mich. Our Love ist weniger spezifisch, das wollte ich auch vermeiden. Wenn ich mir manches meiner früheren Musik anhöre, dann höre ich jetzt heraus, dass ich versucht habe, etwas zu tun, was jemand anderes bereits gemacht hat. Deswegen habe ich ein Album gemacht, das sich auf mich und die Dinge, die mich persönlich berühren, konzentriert. Ich habe mich gefragt, was denn der Sinn hinter meiner Musik ist. Wenn ich Musik mache, dann sollte darin soviel „Ich“ wie möglich sein, es macht keinen Sinn, die Musik von jemand anderem zu wiederholen. Die haben es nämlich wahrscheinlich besser gemacht, und außerdem ist sie schon da. Wenn du James Holdens Musik hören willst, kannst du das tun. Sie ist perfekt und sie existiert bereits. Ich versuche daher, mich nicht allzu sehr von jemand anderem beeinflussen zu lassen, aber natürlich ist das unmöglich. Wir haben ja schon darüber gesprochen. „Dive“ ist zum Beispiel von aktuellem R’n’B-beeinflusst, andere Tracks haben Verbindungen zu klassischer House-Musik. Ich bin ein Fan von Musik, deshalb kann ich mich auch sehr für andere gute Musik begeistern, und das beeinflusst mich natürlich auch bis zu einem gewissen Punkt. Ich versuche aber immer mehr, mein eigenes Ding zu machen. Ich habe es lieber, wenn Leute sagen „Oh, das klingt nach Dans Musik“ anstatt „Oh, das klingt nach jemand anderem“.

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Planst du wieder ein Remix-Album?
Ich werde sehen, wieviele Remixe es geben wird. Bei Swim gab es unzählige, weil ich so begeistert von der Szene in London war. Sobald ich etwas gehört habe, was mir gefallen hat, habe ich dieser Person eine Email geschrieben und gefragt, ob sie nicht was remixen will. Ich mag es, dass viele Menschen meine Songs einfach so remixen, ohne mich überhaupt zu fragen. Auch wenn dabei dann Songs herauskommen, die ich persönlich nicht hören würde. Dabei entstehen dann eben auch Trance-EDM-Banger-Versionen, die ich selbst niemals produzieren würde. Ich bin aber an einem Punkt angekommen, an dem ich loslassen kann und selbstbewusst in dem bin, was ich tue. Ich bin nicht mehr so verkrampft, ich kann die Musik loslassen und sie einen eigenen Weg gehen lassen. Ich denke, dass es zwar einige Remixe geben wird, aber ich glaube nicht, dass es ein ganzes Album wird. Letztes Mal waren es einfach so viele. Das reicht irgendwann.

Genießt du es, Lyrics zu schreiben oder fühlst du dich wohler als Produzent?
Ich habe es immer gehasst, Lyrics zu schreiben. Ich wollte aber immer Gesang in meiner Musik haben, weil ich die menschliche Stimme als etwas sehr Besonderes ansehe, als ein einzigartiges Instrument. Ich wollte auch gerne selbst singen und meine eigene Stimme hören. Es fällt mir aber schwer, Texte dazu zu schreiben, das war immer das Letzte, was ich tun wollte. Das war allerdings bevor ich angefangen habe, über Dinge, die mich selbst betreffen, zu schreiben. Ich hatte immer das Gefühl, dass ich etwas erfinden muss, es kam mir lächerlich vor. Auf Andorra waren nur Sketche, die nichts mit mir zu tun hatten. Das war immer der Punkt, an dem ich am meisten mit mir gekämpft habe, weil das alles für mich keinen Sinn ergeben hat. Aber seit Swim handeln die Lyrics immer mehr über Dinge, die in meinem Leben passieren. Dasselbe passierte da auch mit der Musik selbst, die instrumentalen Passagen selbst sind abstrakter und haben Bezug zu meinem Leben. Das heißt, dass nun alles viel mehr Sinn für mich ergibt, die Texte und die Musik passen jetzt besser zusammen, sie reflektieren beide mein Privatleben. Und alles in meiner Musik sollte etwas mit mir selbst zu tun haben. Damit, wenn ich darauf zurückblicke, es wie ein Fotoalbum ist, und mich an vergangene Zeiten erinnert. Wenn ich jetzt zurückdenke, sehe ich nur seltsame Personen in Fotos und sage „Wer ist denn der Typ? Ich erkenne ihn gar nicht? Warum ist er in meinem Fotoalbum?“ Und jetzt erinnert mich jedes Element an etwas, das in meinem Leben passiert ist.

Ist das etwas, das du vielleicht früher auch noch nicht preisgeben wolltest?
Ja. Sowohl in den Lyrics, als aber auch mit meiner Stimme. Ich habe lange gebraucht, um beispielsweise meine eigene Stimme zu akzeptieren. Ich bin kein ausgebildeter Sänger, meine Stimme wird immer ein wenig amateurhaft klingen. Das ist aber mittlerweile in Ordnung, ich habe es als Teil von dem, was ich bin, akzeptiert. Es gibt viele Dinge, mit denen ich anfangs gekämpft habe. Aber jetzt ist es okay und viel davon ist wegen Swim. Damit habe ich erstmals persönlichen Dinge hineingelegt und Menschen haben nicht gesagt „haha“. Viele Menschen fühlten sich mit meiner Musik verbunden und so habe ich mich gefragt, warum ich mich das nicht schon früher getraut habe.

Swim scheint ein wirklich wichtiger Punkt in deinem Leben gewesen zu sein.
Ja, das war es auch, es war definitiv ein Wendepunkt in meinem Leben. Es ist witzig, dass das an diesem Punkt passiert ist, weil ich damals schon zehn Jahre lang Musik gemacht habe. Man lernt immer dazu, aber trotzdem habe ich zehn Jahre gebraucht, um zu realisieren, dass ich jetzt das mache, was ich in meinem Leben tun möchte.

Vielleicht ist Our Love ja ein neuer Wendepunkt.
Wir werden sehen, ja. Wer weiß? Ich hoffe, dass das auch noch lange so weiter gehen wird. Sollte ich je an den Punkt gelangen, an dem ich nichts Neues mehr lerne, dann hätte ich wohl keine Energie mehr, um weiter Musik zu machen. Also lass uns hoffen, dass das nicht passieren wird.

Our Love ist bei City Slang erschienen. Hol es dir bei Amazon oder iTunes.

Caribou live:
18.10. AT-Wien, Electronic Beats at Museumsquartier* (SOLD OUT)
20.10. CH-Zuerich, Komplex 457

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