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Perfektion bis zur Schmerzgrenze: Wir waren bei Beyoncés und Jay-Zs erstem gemeinsamen Konzert

Die Show ist beeindruckend und frustrierend zugleich. Als ob die komplette Performance vorher gefilmt und zugeschnitten wurde.

Alle tun so, als ob „großes Glück“ dazu gehören würde, Einlass zu Beyoncés und Jay Z’s On the Run-Tour gewährt zu bekommen. „Du kannst dich so glücklich schätzen“, unseren Gottheiten Beyoncé und Jay Z so nahe zu sein. Schon auf der Zugfahrt zum MetLife Stadium werden fleißig Selfies und Snapchats gemacht und verschickt. Das Publikum schreit vor Jubel auf, als eine Stunde vor Showbeginn Beyoncés Parfümwerbung auf den großen Leinwänden gezeigt wird. Es ist etwas, mit dem man bei Facebook angeben kann und das bei Instagram die Neider auf sich zieht. Ich bin hier und du nicht. Viel Spaß beim Liken meiner Bilder.

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Während es sich zwar tatsächlich irgendwie besonders anfühlt, hier reingelassen zu werden, fühlt sich die Show selber jedoch an, als würde sie unendlich weit entfernt stattfinden. Ganz so, als würde sie auf einer separaten Bühne aufgeführt werden, produziert von irgendwelchen Hollywood-Menschen mit irgendwelchen Hollywood-Kameras—als wäre das ganze Spektakel schon im Voraus gefilmt und geschnitten worden.

Die ganze Show ist derartig quälend perfekt in Szene gesetzt, dass sie rüberkommt wie … wie, nun ja, was auch immer. Beyoncé verfügt über eine Stärke, die nicht von dieser Welt zu sein scheint, und Jay Z befindet sich zumindest in ihrer Umlaufbahn. Es gibt keinen Raum für Fehler, was zu einer wirklich langatmigen Angelegenheit werden kann. Es ist so, als würdest du genau das Geburtstagsgeschenk bekommen, das du dir gewünscht hast, musst aber trotzdem noch drei Stunden lang den Überraschten mimen. Oder als wärst du mit einer Packung Zigaretten erwischt worden und müsstest jetzt die komplette Schachtel auf einmal rauchen. Der Nebel ist perfekt. Das Licht ist perfekt. Ihre Ehe ist perfekt. Es ist so, als hätte es das Fahrstuhl-Video nie gegeben.

Sie spielen jeden Song. Während „Drunk in Love“ küsst er ihren Nacken, was sie mit einem verzückten Kichern beantwortet. Sie spielt ihre Videos nach, holt das Outfit von „Haunted“ aus der Versenkung, die Stripclubrequisite von „Naughty Girl“ und das Hinterngewackel von „Crazy in Love“, „Partition“ und „Upgrade U“. Sie hat ihren Augen offensichtlich angewöhnt, nicht zu zwinkern, und so starrt sie die ganze Zeit in die Gegend, als wäre das hier ein Fotoshooting. Ihre Gesichtszüge entgleisen ihr kein einziges Mal, sie sieht immer tadellos aus. Dann gibt es aber noch diese extrem raren Momente—als sie Bobby Shmurda’s Shmoney Dance zu „***Flawless“ macht, oder als Jay in „Fuckwitmeyouknowigotit“ seine Shout-Outs bringt—, an denen man sich fragt, ob das so ins Skript gehört oder handelt es sich um kleine Ausrutscher?

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Es ist gleichermaßen beeindruckend wie frustrierend. Sie sind da oben auf der Bühne, aber irgendwie sind sie es auch nicht. Sie sind so nah und doch so fern. Niemand geht auf Konzerte, nur um dort zu sehen und zu hören, was man schon aus diversen YouTube-Videos kennt. Man geht dorthin, um irgendeine Art von Verbindung zu spüren und um dann etwas mit nach Hause zu nehmen, das sich wie eine persönliche Erfahrung anfühlt. Das hier ist aber nicht einfach irgendein Konzert. Die einzigen Gefühle zwischenmenschlicher Verbundenheit, die bei dieser Veranstaltung vielleicht aufkommen, sind die der Fans untereinander, aber keine zu Beyoncé oder Jay Z. Das ist auch der Grund, warum hier zwölf Mädchen demonstrativ mit identischen The Beygency-Shirts herumlaufen; das Gleiche gilt auch für die Jungs in Goldmasken und nachgemachten Freak-Um-Dresses. Sie wollen hier ihre Loyalität kundtun und dafür Anerkennung irgendeiner Art ernten. Die bekommen sie aber nicht. Für 185 Dollar wirst du zwar in einen Raum mit Bey und Jay gelassen, es ist aber ein verdammt großer Raum mit einer riesigen Absperrung. (Näher als das gemeine Fußvolk kamen jedoch Chrissy Teigen, John Legend, Spike Lee und Mitglieder der Giants und der Yankees an sie heran, die alle auf der von D’Usse gesponserten VIP-Empore zusammenkamen, um zu tanzen und Selfies zu machen).

Am interessantesten wird es gegen Ende, als ein Best-Of-Film aus Privatvideos abgespielt wird, der endlich einen persönlicheren Einblick in das Leben der beiden gewährt. Zu sehen ist Jay Z als Kopilot eines Privatjets; Beyoncé, wie sie das IV-Tattoo auf ihren Finger bekommt; Blue, wie sie aufwächst, zu laufen lernt und vor dem Spiegel rumkaspert. Es zeigt, dass sie—auch wenn nicht unbedingt im gleichen Universum—jedenfalls auf dem selben Planeten leben. Der Kreis ist so klein geworden, die Wände so hoch, dass solche Häppchen ein ganzes Dorf ernähren können. Sie schauen sich diese Clips aus der Ferne an, zusammen mit uns, die Hände um die Hüfte des anderen geschlungen.

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Schauspielern sie? Ist es Liebe? Zu Beginn des Abends erscheint auf den Bildschirmen der Schriftzug „This is not real life.“ Am Ende der Show wird das Wort „not“ rausgenommen. Die Credits werden abgespielt und allen, von den Pyrotechnikern bis hin zu den Back-Up-Tänzern, wird gedankt. Er sagt, „Please give it up for Mrs. Carter.“ Sie sagt das Gleiche für ihn. Wenn alles nur eine Performance ist, dann ist es unglaublich. Dasselbe gilt allerdings auch für den Fall, dass es das nicht ist.

Jeff Rosenthal ist eine Hälfte der New Yorker Crew It’s the Real. Er ist bei Twitter - @itsthereal

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