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Noisey Blog

Kranker Scheiß aus dem Leben von Bandbusfahrern

Als Busfahrer muss immer darauf geachtet werden, dass genug Schweineblut im Kühlschrank ist.

Ziemlich sicher ein Groupie. Foto via Flickr | Glen Beltz | CC BY 2.0

Wenn eine mittelgroße bis große Band auf Tour geht, sind daran unzählige Leute beteiligt, die man als Fan im besten Fall nie zu Gesicht bekommt. Tourmanager, Roadies, Produktionsleiter, Licht- und Tontechniker: Sie sind die Heroes der Musikwelt. Ohne sie würdet ihr nicht Justin Bieber ankreischen, mit Ty Dolla $ign einen Ofen rauchen oder die Fake Pisse von Rammstein schlucken können. Und irgendwer muss die Künstler von A nach B transportieren. Wenn die Künstler es sich leisten können in sogenannten Nightlinern. Also die fetten Busse mit den abgedunkelten Scheiben, die vor der Venue stehen und von Groupies vor und nach der Show belagert werden. Die Fahrer dieser Busse gehören zu den unsung heroes der Musikwelt. Wir haben bei einem Nightliner-Unternehmen nachgefragt, wie es ist, bis zu sechs Wochen mit Künstlern wie Kanye, Rihanna, Skepta und den Kastelruther Spatzen unterwegs zu sein und erfuhren dabei von satanistischen Ritualen, grausligem Sex und Flüchtlingsschicksalen. Welcher Künstler, welche Aktionen geliefert hat, dürfen wir euch natürlich nicht weitergeben, aber lasst euch sagen, dass meistens die Künstler gemeint sind, an die man bei den Geschichten als erstes denkt. Das Unternehmen muss auch anonym bleiben, sie haben nicht umsonst Verschwiegenheitserklärungen unterzeichnet. Aber lasst euch sagen, dass wir alles über eure Lieblingsstars wissen.

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Die Bandbusse sind luxuriöser als deine Wohnung. Das ist kein Bandbus. Foto via Flickr | EDDIE | CC BY 2.0

Ich telefoniere mit dem Cheffahrer des Unternehmens—nennen wir ihn Hans—, als er gerade in Malmö in der Lobby eines Fünf-Sterne Hotels sitzt. Eigentlich war nur ein Tour-Zwischenstopp in Schweden geplant. Dem Künstler gefiel das Hotel aber so, dass er kurzfristig entschied die restliche Tour dort zu verbringen und einfach zu jedem Konzert zu fliegen. Hans verbringt also die restliche Tour in Malmö, der Bus steht leer am Parkplatz. Sehr überrascht klingt er nicht, als er mir das erzählt. Solche Allüren gehören dazu, wenn er mit dem Starbus unterwegs ist. Das ist der Bus, mit dem die Acts fahren, die so groß sind, dass sich selbst der Tourmanager zu sehr anscheißt mal dagegen zu reden. Also werden die restlichen Konzerte halt mit dem Flugzeug angeflogen oder mal eben das gesamte Buspersonal ausgetauscht, weil diese "zu ruckartig" gefahren sind. Das wird vor allem dann stressig, wenn ein enger Zeitplan eingehalten werden muss. Und das muss er immer.

Vielleicht ein Nightliner, wahrscheinlich aber nicht. Foto via Flickr | WhiteRabbitWorld | CC BY 2.0

Weil zwar ein Zeitplan eingehalten werden muss, Party auf Tour aber höchste Priorität hat, wird eben fahrend im Bus gefeiert. Sehr zum Leid des Busfahrers, denn der ist für die Aufräumarbeiten verantwortlich. Besonders HipHop-Acts geben genau so Gas, wie man es aus den Videos kennt. Groupies, Gras und Alkohol gehören zum guten Ton. Meistens ist ein Typ mit dabei, der sich ausschließlich um diese Dinge kümmert. Gelungene Partys passieren nicht einfach, das muss organisiert werden. Vincent, einer der Busfahrer, erzählt, wie nach einer dieser "Partyfahrten" in etwa aussieht: „Manche spüren sich nicht mehr und kriechen auf allen Vieren durch den Bus. Überall liegen die Tschick und es schwimmt alles in Bier. Manche finden das Klo nicht mehr und pissen irgendwo hin. Das geht dann echt nicht mehr und hat auch Konsequenzen.” Das heißt, es wird teuer für die Künstler. Es kam aber auch schon vor, dass Bands rausgeworfen wurden und das Busunternehmen wechseln mussten, weil sie sich nicht benehmen konnten.

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Klassiker. Foto via Flickr | Sam Beebe | CC BY 2.0

Wenn es eine wichtige Sache auf Tour gibt, dann sind das die Groupies. Die werden während der Show ausgesucht und gezielt in den Bus eingeladen um den Künstlern ihre Liebe zu gestehen und anschließend ihren Titel als Groupie zu ervögeln. Weil aber die Party während der Fahrt stattfindet und die Band am Tag darauf bei der nächsten Location auftauchen muss, kommt es schon vor, dass Groupies aus Paris in München aufwachen oder irgendwo auf einer Raststation rausgeworfen werden, weil der Künstler keine Lust mehr auf sie hat. Wenn Frauen ihre Tage haben und beiden das egal ist, gleicht das Bett eben am nächsten Tag einem blutigen Schlachtfeld. Bitte immer bedenken, dass das Saubermachen an den Fahrern hängen bleibt. Auch, wenn Frauen nicht bedenken, dass Binden und Bus-Klos einfach nicht zusammenpassen. Kam auch vor, erzählt mir Vincent.

Extrawürschtel gehören genau so dazu, wie die obligatorische Backstage/Bus-Party. Chef Hans erzählt von einem HipHop-Künstler der in jedem Backstagebereich einen neuen weißen Teppich haben wollte. Also wurde natürlich ein Teppichunternehmen engagiert, dass sich mit eigenem Bus der Entourage anschloss und tatsächlich für jede Location einen neuen weißen Teppich mitbrachte. Abseits vom HipHop gibt es noch die satanistischen Deathmetal-Bands. Solche bei denen neben der täglichen Flasche Jack Daniels immer frisches Schweineblut im Kühlschrank steht. "Alkohol und Drogen gibt’s da ohne Ende. Manche von ihnen waren drei Tage wach. Anfangs glaubte ich, das mit dem Schweineblut ist nur Show, aber die meinen das sehr ernst", sagt mir Vincent. Besonders die mitgebrachten Drogen stellen die Busfahrer vor Probleme, denn diese sind für den Bus verantwortlich und müssen somit grade stehen, wenn die Polizei etwas findet. Vor allem bei Grenzkontrollen wird sehr genau hingeschaut. Grenzkontrollen, die es erst seit kurzer Zeit wieder viel öfter gibt und am Zeitplan der Tour nagen.

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Fast verlesen. Foto von Noisey

Eine Sache erzählt mir Hans noch, die man im ersten Moment nicht bedenkt, wenn man an Touren mit Bussen denkt. Bei der Überfahrt von Calais nach England kommt es sehr oft vor, dass in die Anhänger der Busse eingebrochen wird. Das sind keine Diebe, die dort einbrechen, sondern Flüchtlinge, die einfach das Meer überqueren wollen. Dabei ist es auch schon vorgekommen, dass sich ein Flüchtling im Motorraum versteckt hat und dabei gestorben ist. Solche Geschehnisse gehen an niemanden spurlos vorüber.

Wer schonmal auf seinen betrunken Freund aufpassen und anschließend seine Kotze wegwischen musste, kann sich ein bisschen in den Alltag von Hans und Vincent einfühlen. Also nächstes Mal, wenn ihr Bandbusse belagert, weil ihr Miley die Hand schütteln wollt, denkt an den Busfahrer. Er hat’s nicht leicht.

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Benji fährt nur öffentlich Bus, twittert dafür luxuriös: @lazy_reviews