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Back to the Gürtelbogen II: Loco und Ride Club

Wir haben unsere Autorin ein zweites Mal in die Gürtelbogenlokale geschickt. Diesmal ins Loco und in den Ride Club.

Mein erster Besuch unterhalb der Gürtellinie war überraschend angenehm, doch jetzt waren die wahren Endgegner dran. Loco und Ride Club standen auf meinem Samstagabendsmenü. Die erste Schwierigkeit? Menschen zu finden, die diese Lokalitäten freiwillig mit mir aufsuchen. Von „Na, Fredi, sorry aber wirklich nie wieder, bin zu alt“ bis „Fredi, Oida, wenn du es dir antust, okay—aber ich dachte wir sind Freunde?“ waren alle möglichen Absagen dabei. Überreden konnte ich eine alte gute Freundin mit der ich meine schlimmste Ride Club-Phase hatte—zur Maturazeit. Ich drückte ordentlich auf die der-alten-Zeiten-wegen-Drüse und sie sagte zu. Nur zur Erklärung, weil es später ein Thema wird: Ride Club-Phase bedeutet, dass ich ohne Witz, teilweise drei Mal die Woche da war und meine Matura bewusst mit Shangri-La sabotiert habe. Ich bin nicht stolz drauf, sie bestimmt auch nicht, niemand sollte auf so etwas stolz sein. Aber was solls, ich naives Kind hab wieder einmal gedacht: „So schlimm wird’s nicht werden“. Stimmt. Es war schlimmer.

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Loco

Loco war damals schon nicht meins, der Musik und der Leute wegen. Ja damals waren das zwei Welten für mich, Loco und Ride Club. Heute kommt es mir absolut lächerlich vor zwischen Sodom und Gomorrha zu unterscheiden. Wir entschieden uns dort den Abend zu starten weil dort die Samstagsaktion war, dass man von 20:00 bis 21:00 pro Cocktail zwei Euro zahlt. Wir verfielen sehr schnell in alte Muster, und mit sehr schnell meine ich, dass unser erster Cocktail ein Long Island Ice Tea war. Bei dem wir den Abend über dann auch geblieben sind. Das Ding mit Long Island Ice Teas die zwei Euro kosten ist, dass man schon beim Trinken Katersymptome bekommt und wirklich relativ schnell besoffen wird. Der Geschmackstest hat gezeigt, dass die Qualität dieselbe geblieben ist. Aber gut, wegen des Geschmacks einen zwei Euro Cocktail zu trinken, ist auch irgendwie lächerlich. Auch die Leute scheinen sich nicht geändert zu haben. 70% der Besucher waren unter 18 und die restlichen 30% waren Männer jenseits der 25, die damals und auch heute irgendwie eklig wirken. Auch wenn es vielleicht nicht so ist: Wenn du mit über 25 am Wochenende im Loco oder Ride Club stehst und männlich bist, wirkst du wie jemand der gerne eine naiv-betrunkene unter 20-jährige mit Heim nehmen würde.

Die Musik war der reinste Wahnsinn. Folgende Songorder (samt Übergang) habe ich mir notiert: „Wiggle Wiggle“ von Flo Rida gefolgt von Cro mit „Einmal um die Welt“, gefolgt von Spice Girls mit „Wannabe“ und abgeschlossen mit „Camisa Negra“ von Juanes. Am Anfang beobachteten wir angewidert das Abgehen von den Teenies zu diesen Liedern, nach dem zweiten Cocktail wooh-ten wir mit. Ich hab auf Shazam vier Lieder gesucht, ein Lied davon war von Pittbull, mehr sage ich nicht dazu. Ich unterhielt mich mit einem Fotografen der jedes Wochenende unteranderem im Loco fotografiert. Seine Einschätzung des Altersdurchschnitts war 16 bis 20. Ich habe ihn gefragt ob er das Loco mag, er sagte ja. Seine Augen sagten Nein. Oder vielleicht habe ich mir das nur eingebildet. Alle Tische waren mit Vodkabooten besetzt, es war ein einziges Vodka-Red-Bull-Boot Paradies. Ich wurde von einem 17-jährigen Typen angebaggert, der sich Sorgen gemacht hat ob er die Schule abbrechen soll oder nicht. Ich habe ihm gesagt er soll es nicht tun, nennt mich Schutzengel-Fredi. Aber hey, Loco war voll, die Stimmung ging ab—kurz gesagt: Die Leute waren dort glücklich und zufrieden. Dem Alkoholismus mit Cro-Musik zu fröhnen klingt schlimm, aber so schlimm ist es nicht. Zumindest nach zwei Cocktails nicht.

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Ride Club

Mit Hilfe haben wir es in das Nebenlokal geschafft.

Gut. Eines vorweg: Wir waren ziemlich betrunken. Oder um es im Nussdorferstraßen-Vokabular zu sagen: „Bum zua, oida“. Den Weg vom Loco in den Ride Club zu schaffen, das war eine Abenteuerreise. Danke an die Türsteher, nochmal. Im Ride Club war der Hauptraum leer, aber nur weil Shangri-La im Neben“floor“ stattgefunden hat. Shangri-La ist eine 25 Euro All-you-can-drink Aktion. Das haben wir wirklich ausgelassen. Nach 00:00 trudelten auch immer Menschen in den Hauptraum. Die Musik fand ich super. Also es hat Nelly und Rihanna (meine Sister from another Mister) gespielt und ich war von so ziemlich jedem Song begeistert und tanzte. Doch dann kam die eiskalte Watsche ins Gesicht. Die Türsteher und das Personal haben sich in beiden Lokalitäten nicht verändert. Nur ein bisschen Haarausfall bekommen.

Als ich an der Bar einen Zombie bestellen wollte (Zahl eins, bekomme zwei Aktion) schaute mich der Bartyp an und sagte: „Ah hallo, lange nicht gesehen—das Übliche?“ Das hat mich schockerstarren lassen. Einer der Hauptgründe, warum ich aufgehört habe den Ride Club aufzusuchen war Scham. Der zweite Grund war der Kater nach dem Long Island Ice Tea, aber ich kann und konnte nie die anderen Cocktails leiden. Mojito vielleicht noch, aber ein strong Cocktail kommt mir so viel schlauer vor wenn ich besoffen bin. Das letzte Mal war ich vor vier Jahren in Ride Club. Wirklich. Und ich kann mich an die Zeit nicht besonders gut erinnern—eine Schutzreaktion meines Gehirns—das nüchterne Barpersonal aber schon, offensichtlich. Er stellte mir meine Stammbestellung auf den Tresen: einen extra starken Long Island Ice Tea. Zehn Punkte an das Barpersonal, null Punkte an mich. Danach folgen zerrissene Erinnerungsstücke, das obligatorische „Ich liebe dich so sehr“ an meine Freundin am Klo und ein katastrophaler Sonntag. Und wieder einmal hat der Ride Club gewonnen und mich unschön besiegt.

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Der Altersdurchschnitt war hier schon höher als im Loco. Sagen wir 18 bis 22. Mehr Gäste mit Migrationshintergrund. Also im Loco waren bestimmt viele aus Nicht-Wien, im Ride Club Wiener aus zwölf zwanzig und Konsorten. Grundsätzlich hatte die Stimmung mehr Klasse, es wurde auf der Tanzfläche weniger gewhoopt und trockengevögelt. Wir unterhielten uns mit einigen Leuten. Die meisten sagten mir, dass sie wegen der Musik (LOL) gerne hierherkommen und auch weil sie irgendwie alle hier kennen. Und wenns nicht der Ride Club ist, dann ist es die Passage. Am Klo unten gibt es übrigens einen Automaten wo man i-Phone Hüllen kaufen kann. Kein Scheiß.

Fazit: What a night. Im Gegensatz zu den Indielokalen am Gürtel, wo wir eher die Jungen waren, waren wir hier mit Abstand die Ältesten. Aber nicht weniger betrunken. Es hat sich weder für das Gefühl meiner Freundin noch für mein Gefühl viel geändert, eigentlich gar nichts. Aus Altersklassegründen und weil so besoffen sein ab einem gewissen Alter in einer Restfettn-Depression endet, lassen wir trotzdem den Teil des Gürtelbogens weiterhin weg. Übrigens müssen sie die Cocktails in beiden Lokalen mit Gift vermengen um Ältere fernzuhalten, weil diesen Kater, den überleben nur junge Körper.

Das letzte Foto des Abends. Die Nussdorferstraße hat mich wieder einmal besiegt.

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