FYI.

This story is over 5 years old.

Noisey Blog

Auch weiße, nerdige Typen haben ein Recht zu rappen

Leuten das Rappen abzuspechen, die keine besonders guten Rap-Skills haben, ist 2014 schwachsinnig.

Etwas, das ich hier bei Noisey besonders cool finde, ist die Tatsache, dass du als Autor ganz offen sagen kannst, wenn du einen anderen Artikel für mittelschweren oder massiven Schwachsinn hältst­—auch wenn der kritisierte Artikel von Noisey selbst kommt. Von dieser Freiheit mache ich heute mal Gebrauch. Gestern ist bei uns ein Artikel mit dem Titel: „

Daniel Radcliffe ist der Beweis dafür, das weiße, nerdige Typen nicht rappen sollten

Anzeige

“ erschienen, nachdem der gute Ex-Harry Potter eine Sprechgesagseinlage bei Late Night with Jimmy Fallon eingelegt hat.

Wie gesagt, ich halte die Kernaussage dieses Textes für deppert. Der Text zeigt vor allem wieder einmal, dass das eingesessene Rap-Stammpublikum relativ anfällig dafür ist, eine sehr begrenzte Akzeptanz gegenüber alternativen Formen des Genres an den Tag zulegen. Und das ist gewaltig schade, vor allem, weil die HipHop-Kultur zu einem massiven Teil davonlebt, dass sie Einflüsse aus so ziemlich allem aufsagt, was nicht bei drei auf den Bäumen ist.
Schon klar: Rap in seiner Höchstform ist ziemlich komplex und hochentwickelt, und wenn du nicht von Kindesbeinen ununterbrochen damit konfrontiert bist, wirst du niemals so klingen wie ein Jay Z, Mos Def, ein Kendrick, oder sonst irgendjemand von diesem Kaliber. Wenn du mich fragst, ist aber auch gar nicht notwendig. Denn letztendlich ist es vor allem eine fabelhafte Möglichkeit dich auszudrücken und Spaß zu haben, völlig unabhängig davon, ob man besonders talentiert, nerdig, weiß, schwarz oder grün ist.

Leuten das Rappen abzuspechen, die keine besonders guten Rap-Skills haben, ist 2014 ungefähr genau so unsinnig wie Leuten das Singen abzusprechen, die nicht jeden Ton treffen. Rap ist spätestens, seit er irgendwann Neunzigern mit der Brechstange kommerzialisiert wurde, ohnehin selbstverständliches Stilmittel für jedermann. Das schmeckt zwar nach wie vor nicht jedem, ist aber eine Tatsache. Mittlerweile hat jeder irgendeinen Ex-Klassenkollegen, Cousin oder entfernen Bekannten, der sich irgendwann einmal vor realem oder Online-Publikum als Rapper probiert hat. Manchmal sind sie gut, meistens nicht so wirklich. Manchmal muss man sich zugegeben auch ein bisschen fremdschämen. Aber ganz wurscht, wie qualitativ die Versuche sind, die sind ganz prinzipiell einmal legitim.

Anzeige

Seid mal ehrlich zu euch selbst: Steht ihr nicht auch manchmal unter der Dusche und legt einen kleinen, ziemlich lächerlichen Freestyle hin? Ich heb mal als erstes die Hand, denn ich mach das ziemlich oft. Manche Leute haben aber tatsächlich die Eier, das Ganze auch noch vor den Augen der Öffentlichkeit zu machen. Eigentlich ist es doch großartig. Alle möglichen und unmöglichen Leute, aus den unterschiedlichsten Ecken, versuchen sich als Rapper, und die Ergebnisse sind zwar selten virtuos, aber fast immer auf irgendeine Weise interessant, unterhaltsam oder lustig. So wie bei Chilly Gonzales zum Beispiel. Bei unserem schwedischen Lieblingsmilchbubi Yung Lean ist sogar eine eigene Bewegung daraus geworden. Teufel, irgendwo da draußen gibt es sogar einen Pensionisten, der zuhause Karaokeversionen von „Lamborghini Mercy" und anderen Trap-Songs aufnimmt und sie auf Youtube stellt.

In Österreich haben wir ja eine ziemlich reiche Kultur von Rappern mit begrenzten, oder zumindest unkonventionellen musikalischen Mitteln. Moneyboy lieben wir zum Beispiel vor allem dafür, dass wir uns auch nach vier Jahren nicht wirklich sicher sind, wie ernst er seine Musik und sich selbst wirklich nimmt. In jedem Track, in jedem Hood Report, in jedem Fernsehauftritt sind wir wieder vor den Kopf gestoßen. Das muss man auch erst über Jahre weg so konsequent hinbekommen.

Das hier ist ist der (noch nicht) so bekannte österreichische Rapper AAA. In diesem Video steht er in SBG, der schönsten Stadt von Österreich. AAA ist nicht gerade ein lebendes Metronom. Keine Ahnung, ob ihm das selbst bewusst ist. Jedenfalls mischt er unrhythmischen Rap auf ziemlich absurde Art und Weise mit Schlagerkeyboards und einer gnadenlos eingängigen Hook. Wahrscheinlich wird euch der Refrain den restlichen Tag über nicht mehr aus dem Kopf gehen. OK, jetzt muss auch ich zugeben, dass da eine Spur Sarkasmus mitschwingt. Vielleicht wollte ich auch einfach mal die Möglichkeit nutzen, dieses Video in einen Artikel einzubauen. Aber ganz ehrlich, wie zur Hölle willst du AAA wirklich dafür böse sein, dass er das macht, was er macht? Er scheint ja tatsächlich eine Mordsgaudi dabei zu haben. Was ich letztendlich sagen will: Es steht jedem von uns zu, ab und zu mal ein Rapper zu sein. Auch ein mieser. Macht euch keine Sorgen, Rap ist ja ganz offensichtlich sowieso nicht tot zu kriegen. Auch nicht von weißen, nerdigen Typen.

**

Folgt Noisey bei Facebook und Twitter.