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The Noisey Guide to

Ok, du bist also alleine auf einem Konzert. Was nun?

Hier sind fünf Ratschläge, um diese unglaublich deprimierende (aber potentiell spaßige!) Situation mit Bravour zu meistern.

Du gehst also alleine auf ein Konzert. Wie es dazu gekommen ist, kann viele Gründe haben, wie wir hier schon einmal geschrieben haben. Vielleicht wollte außer dir niemand diese Post-Freakfolk Jazz-Fusion Band sehen, deren klassischen Ansatz du gerade genug zu schätzen weißt, um darüber hinwegzusehen, wie beschissen sie eigentlich sind. Vielleicht hast du dir aber auch einen Platz auf der Gästeliste erschlichen, aber kein plus eins bekommen, weil die Veranstalter sich offensichtlich noch nicht ganz im Klaren darüber sind, wie einflussreich du eventuell vielleicht ein bisschen bist. Bald. Vielleicht hast du gerade aber auch einfach keine Freunde. Aus welchen Gründen auch immer stehst du nun allein—ganz allein—im Veranstaltungssaal rum und bist von lauter glücklichen Menschen umgeben, von denen keiner allein ist. Aber hey, alles ist cool. Ich bin OK. Du bist OK. Alles ist entspannt. Diese Situation muss nicht zwangsweise in einer unglaublich deprimierenden Erfahrung enden. Folge einfach diesen fünf simplen Ratschlägen für den einsamen Konzertbesuch und, wer weiß, vielleicht wirst du sogar eine verdammt großartige Nacht erleben.

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Ratschlag #1: Hör auf, auf dein Handy zu starren.

Lass uns diesen Punkt direkt als erstes abhaken. Wir wissen alle, dass Bildschirme ziemlich cool sein können. Das bestreitet niemand. Ich habe selber so ein Teil (wow!?). Die Bildschirme, die heutzutage (2014 n. Chr.) hergestellt werden, stellen ohne Frage unglaublich viele Möglichkeiten unbeschwerten Zeitvertreibs für dich bereit. Wenn du dann auch noch gewitzt genug bist, um zu wissen, wie und wo man am besten auf dem Teil rumpatscht, um sich das volle Networking-Potential zu Nutze zu machen, können Bildschirme dich im Handumdrehen mit den ganzen coolen, talentierten und super erfolgreichen Menschen verbinden, die du niemals treffen wirst, mit denen du niemals anbändeln wirst und die dir ganz bestimmt auch keinen coolen Job verschaffen werden. Bei Shows allerdings bringen dir deine Bildschirme gar nichts. Bildschirme in all ihren Größen und Darreichungsformen (ich bin selber ein großer Phablet-Fan) halten dich nämlich davon ab, dich in den Umbaupausen zwischen den Bands zu langweilen und das ist—auch wenn du jetzt kurz davor bist, Einspruch zu erheben—keine gute Sache. Es kann nämlich gut passieren, dass du so gelangweilt davon wirst, irgendeinem Typen auf der Bühne dabei zuzuschauen, wie er zum fünfzehnten Mal ein und dasselbe Kabel kontrolliert, dass du plötzlich anfängst, mit wildfremden Leuten in deiner Nähe zu reden—und das kann ziemlich spannend werden. Vielleicht lernst du so einen interessanten Menschen kennen. Vielleicht ist es eine Erfinderin, ein Meeresbiologe, ein Astronaut oder vielleicht sogar die Social Media-Strategin einer großen Firma. Vielleicht wechselst du gerade sogar deine ersten Worte mit der Liebe deines Lebens. Vielleicht stellst du aber auch nur fest, dass du und dieser andere Typ zum gleichen Zahnarzt geht. Zwei wildfremde Leute in einem Raum, die den gleichen Zahnarzt haben—ganz schön abgefahren, oder? Egal, wie es läuft, es ist immer noch besser, als die ganze Zeit auf dein Handy zu starren. Das echte Leben spielt sich eben nicht auf deinem Bildschirm ab. Irgendjemand musste dir das ja mal sagen und ich bin ganz froh, dass ich es war.

(Falls du während des Auftritts der Band auf deinen Bildschirm glotzt, solltest du dir ernsthafte Gedanken darüber machen, warum du überhaupt hierher gekommen bist.)

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Ratschlag #2: Behalte immer die goldene Regel im Kopf: „Niemand interessiert sich für dich“

Niemanden interessiert's. Niemand interessiert sich für dich. Niemand schert sich, dass du alleine bei der Show bist. Ich kann diese Regel gar nicht genug betonen, weswegen ich sie auch gerade ein paar Mal wiederholt habe. Die meisten Leute werden noch nicht einmal merken, dass du ohne jemanden hierher gekommen bist, mit dem du dich in nerviger Lautstärke unterhalten kannst. Die ganzen fröhlichen Konzertgänger werden eh viel zu sehr damit beschäftigt sein, ihre supergeile Zeit mit ihren Bildschirmen zu dokumentieren und ihre Ergüsse dann via World Wide Intra-Sphere hochzuladen, damit all ihre coolen, talentierten und supererfolgreichen Bildschirmfreunde, die sie noch nie in Persona getroffen haben, schnell darüber hinwegscrollen können. Sie werden gar nicht merken, dass du dort alleine stehst. Warum? Na ja, auch wenn du es vielleicht nicht glauben magst, aber Menschen können manchmal ziemlich selbstbezogen sein. Und selbst den seltenen Exemplare, die gemerkt haben, dass du alleine zur Show gekommen bist, ist das total egal. Warum? Weil es einfach egal ist.

„Ha! Guck mal die Pfeife da vorne! Steht da ganz alleine!“

„Ja! Der Idiot hat überhaupt keine Freunde. Haha! Komm, wir lachen noch eine Runde über den Trottel.“

Nein, so etwas passiert nicht. Niemand schert sich darum. Klar, die Situation kann einem schon die Stimmung trüben—wenn man denn anfängt, sich deswegen stimmungstrübende Gedanken zu machen. Das Universum ist so riesig und wir sind so klein. Meine Existenz ist so unbedeutend. Mono no aware—das Pathos der Dinge. Wir sind doch nicht mehr als ein Staubkörnchen im Wind. Die goldene Regel, „niemand interessiert sich“, kann dir aber auch die Freiheiten verschaffen, das tun zu können, was auch immer du mit deinem Leben anstellen möchtest—was dich dann letztendlich auch zu einer fröhlichen, selbstbewussten und angenehmen Person werden lässt. Bereite dich also schon mal darauf vor, diese bestimmte und allzu nachvollziehbare Unsicherheit direkt aus deinem Hirn zu verbannen. Auch wenn du jeden anderen dieser Ratschläge hier vergisst, solltest du diesen einen Punkt immer im Kopf behalten: Niemand. Absolut niemand. Interessiert. Sich.*

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(*Ausgenommen von vielleicht drei Leuten—du weißt, wer sie sind)

Ratschlag #3: Sauf nicht, nur um eine Beschäftigung zu haben.

Saufen ist einfach zu teuer. Wenn du ein budgetbewusstes (armes) Individuum wie ich bist, dann weißt du auch, dass du im Laufe eines Konzertabends an der Bar unfassbar viel Geld lassen kannst. Vor Kurzem erst war ich bei einer Show, um eine dieser super angesagten, aufstrebenden Bands zu sehen, über die ich davor so viel auf den ganzen angesagten Musikblogs gelesen hatte, und ich musste für eine Dose lokales Bier mehr blechen, als einem im Yankee Stadion dafür abgeknöpft wird. Als im verdammten Yankee Stadion! Diesem heiligen Ort, dessen eleganter Chic, Erinnerungen an eine bessere Marks & Spencer Filiale weckt. Wenn dein Hauptaugenmerk bei einer Show generell eher beim Bier als bei den Bands liegt, dann bist du vielleicht besser damit beraten, einfach auf deiner Couch zu bleiben, dort Bier zu süppeln und dich mit etwas zu unterhalten, das du dir auf dein praktisches Bildschirmgerät gezaubert hast („Frasier. 6. Staffel. Am Stück!“). Es ist recht wahrscheinlich, dass du bei einem Konzert, das du alleine besuchst, einfach nur trinkst, um dich zwischen den Bands bei Laune zu halten—du hast das Wisch-und-Patsch-Ding schon gemacht und das Ende der World Wide Intra-Sphere erreicht. Wirf noch einmal einen Blick auf Ratschlag #1! Sprich mit jemandem. Das ist definitiv billiger. Sollte Geld allerdings nicht zu deinen Sorgen gehören, dann ist das auch cool! Lass uns mal zusammen losziehen und du erzählst mir dann, wie geil dein Leben ist. Bei der Gelegenheit kannst du mir dann auch gerne ein paar Drinks ausgeben.

Ratschlag #4: Wenn du nicht bleiben willst, dann hau ab.

Schon gemerkt? Du bist ganz alleine hier. Wenn dir nicht gefällt, was die Band da auf der Bühne fabriziert, kannst du einfach nach Hause gehen. Du musst auch niemandem deinen frühen Abgang vier bis sieben Minuten vor deinem tatsächlichen Verschwinden bekanntgeben. Und auf keinen Fall musst du dich hier von einer generell eher entspannten und umgänglichen Person in einen großen Lügner verwandeln. So was kann schon mal vorkommen. Du willst unbedingt weg von diesem Ort, möchtest es aber gleichzeitig tunlichst vermeiden, deiner Konzertbegleitung in die tottraurigen Augen starren zu müssen, wenn du ihr von deinem Vorhaben berichtest. Stattdessen sagst du dann einfach, dass du kurz aufs Klo gehst—in vollem Wissen, dass „aufs Klo“ eigentlich „zur U-Bahn“ bedeutet. Das ist OK. Plage dich deswegen nicht zu sehr mit Selbstvorwürfen, wenn du dann am nächsten Morgen schuldbewusst aufwachst und dich selber für einen äußerst schlechten Menschen hältst. Arbeite einfach an dir und sieh zu, dass so etwas nicht noch einmal vorkommt. Heute Nacht musst du dich darum allerdings nicht kümmern. Du bist ja alleine unterwegs. Du willst schon nach dem ersten Song abhauen, weil dein Handy bereits das mit Filtern überladene Bild geschossen und gepostet hat, das perfekt einfängt, was für einen geilen Abend du hattest, nur damit die super coolen, talentierten und megaerfolgreichen Leute der World Wide Intra-Sphere schnell daran vorbeiscrollen können? Na? Das ist überhaupt kein Problem! Du bist ganz alleine hier! Niemand wird je herausfinden, dass du schon um 20:30 Uhr die Biege gemacht hast. Fakten sind relativ und so etwas wie eine objektive Geschichtsschreibung existiert nicht, wenn du nur mit dir selber abhängst.

Ratschlag #5: Wenn du nicht abhauen willst, dann bleib.

Geh mit anderen Menschen auf ein Konzert und du wirst ziemlich schnell merken, dass so ziemlich jeder einen Grund finden wird, frühzeitig das Feld zu räumen—und du wirst dich genötigt fühlen, das Gleiche zu machen.

„Ich bin so müde.“

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„Ich muss morgen megafrüh aufstehen und total wichtigen Kram auf meinem Phablet machen.“

„Als Kind hatte ich Skoliose und mein Rücken macht mir immer noch Probleme, wenn ich schlechte Bands sehe.“

„Ich bin total im Arsch. Ich … muss … nach Hause gehen und … meiner Katze was zu trinken geben.“

„Ich hole mir gerade einen permanenten und irreparablen Hörschaden.“

Ausreden. Sie sorgen dafür, dass die Welt sich weiter dreht, bis am Ende allen vor lauter Verzweiflung ganz schwindlig ist. Bleib! Halte durch! Begreife es doch! So verhalten sich wahre Gewinnertypen. Schon wieder vergessen? Du bist ganz alleine bei der Show. Du bist dein eigener Boss.

Hier sind also deine fünf Ratschläge. Ich hoffe, du behältst sie in Erinnerung, wenn du das nächste Mal alleine auf ein Konzert gehst. Für den Fall, dass du dich bislang nie getraut hast: Probier es aus! Ich falle momentan in die keine Freunde Kategorie und mache es deswegen die ganze Zeit. Ich sage dir, es ist großartig!*

(*wenn es nicht gerade unglaublich deprimierend ist)

Patrick McNamara leitet den Veranstaltungskalender OhMyRockness und—wir wollen hier nicht angeben aber—er hat eine ganze Menge ungenutzter plus eins. Folge ihm bei Twitter—@ohmyrockness